Liebe Jugendliche, liebe Eltern!
Vorab, nicht nur für uns Eltern und Lehrern ist es schwer mit diesen manchmal schwer zu bändigenden Gefühlen von Kindern und Jugendlichen, vor allem für den Betroffenen -selbst- ist es sehr wahrscheinlich die größte Herausforderung im bisherigen Leben.
Sie selbst stehen vor der „Aufgabe“ sich von ihrem Elternhaus und damit den von ihnen übernommenen Meinungen und Verhaltensweisen zu lösen neigen unter Umständen manchmal zu „überzogenen“ Emotionen und emotionalen Reaktionen, befinden sich auf dem Weg zur Selbstfindung, „leiden“ dabei ggf. unter extremer Selbstverunsicherung, unterliegen heftigen hormonellen Umstellungen und Umbauaktivitäten im Gehirn, spüren einen starken Drang zur Selbstständigkeit verbunden mit dem Druck zur beruflichen Orientierung.
Die Sexualhormone lösen die Veränderung und somit die Pubertät schon ab dem 8.-10. Lebensjahr aus. Doch sie sind es nicht allein, die Jugendlichen so zu schaffen machen. Der Körper entwickelt sich und das Gehirn gleicht einer Baustelle. Mitgefühl für alle Beteiligten… während dieser Zeit wird keiner verschont!
Bis zur Pubertät hat das Gehirn der Jugendlichen gut funktioniert und je nach Anforderung hat es neue Verbindungen zwischen den einzelnen Nervenzellen geknüpft, die sogenannten Synapsen. Zu Beginn der Pubertät nehmen diese Synapsen sprunghaft zu, „nur“ um anschließend wieder rapide abzunehmen. Von diesem Prozess ist das gesamte Gehirn betroffen.
Es beginnt hinten im Stammhirn und setzt sich langsam nach vorne zum Stirnlappen fort. Der Stirnlappen ist für die Planung, Risikoabschätzung und Bewertung zuständig. Während dieser Teil des Gehirns sich im Umbau befindet, haben Jugendliche generell oft große Schwierigkeiten sich rational zu entscheiden. Das ist nicht amüsant, sondern anstrengend- für alle Parteien! Das Risikoverhalten erhöht sich, wenn sie in einer Gruppe von Gleichaltrigen sind. Dies gilt vor allem für die Altersgruppe zwischen 15 und 25 Jahre.
Während dieser Umbauphase übernimmt ein anderer Bereich des Gehirns, der eigentlich für unsere Emotionen zuständig ist, diese Aufgabe. So sind die nicht gerade vernunftorientierten Entscheidungen unserer pubertierenden Kinder nachzuvollziehen.
Glückshormone auf Abwegen – Dopamin
Die Bedeutung des Dopamins wird hauptsächlich im Bereich der Antriebssteigerung und Motivation vermutet. Im Volksmund ist Dopamin vor allem als Glückhormon bekannt,
da dieser Stoff im Gehirn, für die Belohnungen (Glücksgefühle) verantwortlich ist. Dieses System spielt bei den pubertierenden Jugendlichen verrückt und so suchen die Jugendlichen immer stärkere Kicks, um in deren Genuss zu kommen. So betrachtet, ist es leider oft kein Wunder, dass sie mit Zigaretten, Alkohol und Drogen rumexperimentieren und / oder sich extreme körperliche Herausforderungen, wie Bungee-Jumping, Achterbahn fahren, Geschwindigkeitsrausche und ähnliches suchen.
Doch VORSICHT jede Einstiegsdroge ist keine Kleinigkeit. Und kann damit den Start ins Erwachsenen Leben erheblich erschweren!
Jeder entscheidet, wie stark er ist.
Pubertät ist…
Wenn wir unserem Kind das Geschenk machen,
wegen uns wütend sein zu dürfen
(fast nichts ist oft schmerzvoller für Eltern)
und wir bleiben ihm trotzdem im Herzen nah.
Wenn zu wenig Vitamin D (Sonnenlicht auch in Vitaminpräparaten gut zzgl. einzunehmen) und Dopamin ausgeschüttet wird, fehlt den Heranwachsenden immer wieder die nötige Motivation sich aufzuraffen und es ist oft noch schwerer, zur Schule zu gehen, Hausaufgaben zu machen oder zu lernen. Antriebslosigkeit, Sorge und Verunsicherung- insbesondere durch diese spezielle Pandemiezeit ist zzgl. für alle dementsprechend nicht verwunderlich.
Zudem wird bei ihnen das Hormon Melatonin erst bis zu zwei Stunden später ausgeschüttet, wodurch sie abends so schwer ins und morgens so schwer aus dem Bett zu kriegen sind. Das also zu dem bekanntem Phänomen.. ;-).
Das Verständnis über die Entwicklungen im Körper und im Gehirn von pubertierenden Jugendlichen kann und „sollte“ es den Eltern leichter machen, in dieser Phase entspannter mit unseren Kindern „umzugehen. Von leicht wurde hier nicht gesprochen. Doch je entspannter wir diese Phase gestalten , desto tiefer wird unsere Beziehung zu unseren Kindern später werden.
Erwachsenwerden bedeutet,
zu erkennen, dass Eltern nicht perfekt sind.
Und wir sie trotzdem lieben (können).
An dieser Stelle möchte ich alle Eltern einladen, sich einen Moment Zeit zu nehmen, um sich einmal daran zu erinnern, was sie und ihre damaligen Jugendfreunde in ihrer Pubertät gemacht bzw. „angestellt“ haben. Wie habt Ihr Eure Eltern gesehen und was hättet Ihr Euch damals von den Eltern gewünscht?? Elternsein durch ElternSEIN.
Wir lernen mit unseren Kindern-und umgekehrt! „Gleichwertigkeit“ ist für beide Patien von großer Bedeutsam- und Wichtigkeit.
Wie können Eltern nun Kinder in dieser Phase am besten unterstützen?
- Wertschätzung
- Anerkennung
- Lob
- Vertrauen
Wir könnten uns verstärkt darauf konzentrieren ihnen positive Verstärkungen zu geben und uns über das, was sie erleben und wie sie lernen damit umzugehen freuen.
Am wichtigsten: „schenken wir ihnen unser Vertrauen“.
Auch wenn einige Vereinbarungen sein müssen- geht es hierbei nicht darum darauf zu vertrauen, dass sie zB. um 22 Uhr nach Hause kommen. Sondern, dass sie im „Endeffekt“ ihr Leben meistern und ihren Weg und Platz finden werden. Geben Sie Ihnen Zuversicht in diese Richtung. Auch wenn dieses oft viel Gelassenheit fordert. Beruhigend=Ein u.a. genervter, oft herablassender Tonfall verschwindet nach der Reifung meist wieder von selbst.
Dialog statt Monolog – taucht gelegentlich in Eure gegenseitig Welt
Statt Verbote, Gebote und womöglich sogar „Drohungen“ auszusprechen sollten wir wieder damit beginnen miteinander zu reden. Dafür ist es vor allem wichtig wirklich zuzuhören. Dafür kann es sehr hilfreich sein sich in ihren „Bereich“ zu begeben“. Falls man früher mit ihnen als Kleinkind viel an ihrem Bett vor dem Schlafen gehen geredet hat, ist es jetzt umso leichter dort wieder anzusetzen. Am besten man behält dieses „Ritual“ von vornherein, so lange wie sie es zulassen, bei.
Verantwortung übergeben
Weniger Kontrollieren mehr Vertrauen aufbauen und Verantwortung an die Jugendlichen abgegeben. Dies sollte alters- bzw. reifeentsprechend früh beginnen. Gemeinsame Vereinbarungen aufstellen.
So können gerade im Konfliktbereich Schule viele Streitigkeiten vermieden werden. Es könnte z.B. so aussehen, dass sie zu Beginn eines Schuljahres mit ihren Kindern realistische Ziele in Bezug auf Noten besprechen. Anschließend sollten wir unseren Kindern die Verantwortung für ihre Hausaufgaben und das Lernen für Klausuren übergeben und ihnen für Unterstützung zur Verfügung stehen. Das ist alles andere als leicht für uns Eltern, gerade, wenn die Schulnoten abstürzen und gar eine Versetzung gefährdet ist. Doch dies ermöglicht uns ein vertrauensvolles Verhältnis zu unseren Kindern zu bewahren. Ist es nicht das, was wir uns in Bezug auf unsere „lebenslange“ Kinder am meisten Wünschen?
Um die Ausführungen über den Gehirnumbau, insbesondere des Stirn- bzw. Frontallappens abzuschließen, möchte ich noch kurz auf die „Ergebnisse“ der Restrukturierung in dieser Region aufführen. Diese wären die
- Fähigkeit unpassendes Verhalten zu unterdrücken
- Planungen strukturiert an zu gehen
- Entscheidungen zu treffen
- Informationen im Kopf zu behalten und mehrere Dinge „gleichzeitig“ tun.
Diese Leistung kann sehr nützlich sein, wird aber heutzutage fast durchgehend in Anspruch genommen und begünstigt so die Entstehung von Stress mit allen seinen Nebenwirkungen.
Verständnis
Der Umbauprozess des Gehirns ist, wie oben erläutert, hauptverantwortlich für die häufigen Stimmungsschwankungen und die Antriebslosigkeit von Teenies. So schwer es Eltern in dieser Phase auch fällt, wäre es hilfreich und angenehmer für alle, wenn wir unseren heranwachsenden Kindern in dieser Zeit mit mehr Verständnis begegnen. Und schenken wir ihnen eines der schmerzhaftesten Geschenke für uns Eltern:
Das Vertrauen „Fehler“ zu machen, selbst solche die wir schon gemacht haben. Nur so werden sie ihren Weg gehen und ihren Platz im Leben finden.
Man kann die Welt oder sich selbst verändern.
Das zweite ist schwieriger.
-Mark Twain-
Unsere Kinder wollen wie wir geliebt werden, wie sie sind. Machen auch Sie sich nicht lustig, über gelegentlich Luftlöcher im Kopf Ihrer Heranwachsenden-lachen Sie höchstens gemeinsam darüber-so wie diese ggf. später über unsere Vergesslichkeit! Diese Chance erhalten Sie alle erneut in der Pubertät, in der die angehenden Erwachsenen ihre eigenen Meinungen und Überzeugungen bilden. Meinungen, Überzeugungen, die sie nicht von uns übernommen haben und die in dieser Phase häufig unseren genau widersprechen. Nicht gekränkt sein- das gehört zum Prozeß des Loslösens mit dazu.
Zudem können wir uns „heilen“, in dem wir den Wünschen und Bedürfnissen unserer pubertierenden Kinder mit Verständnis begegnen. Damit schenken wir uns, sozusagen nachträglich, das Verständnis, was wir uns damals von unseren Eltern gewünscht hätten.